Die Lebensgeschichte der Zenkerlunge – ein wissenschaftliches Forschungsobjekt

Vortrag zur Zenkerlunge, Lisa Stache, Sarah Wagner, Hörsaalruine Medizinhistorisches Museum der Charité, Foto: Navena Widulin
Vortrag zur Zenkerlunge, Lisa Stache, Sarah Wagner, Hörsaalruine Medizinhistorisches Museum der Charité, Foto: Navena Widulin

Workshop zu Präparaten menschlicher Herkunft in universitären Sammlungen

„Ich kann wohl sagen, dass kaum je der Anblick eines pathologisch-anatomischen Präparates mich so überrascht hat, wie der dieser Lunge“, schrieb der erste Direktor des 1862 gegründeten Erlanger Instituts für Pathologie Friedrich Albert von Zenker, nachdem er am 31.1.1864 ein Lungenpaket aus dem Nürnberger Klinikum erhielt.

Derzeit rekonstruieren Lisa Stache, Präparatorin am Institut für Anatomie, und Sarah Wagner, wissenschaftliche Mitarbeiterin am FAU CDI, die Objektbiografie der Eisenstaublunge oder sog. Zenkerlunge, die sich in der Pathologischen Sammlung der FAU befindet.

Dies erfolgt einerseits im Kontext der Sammlungserschließung und Provenienzforschung, andererseits im Zuge von Datenmodellentwicklungen für die NFDI4Objects. Dabei wird gleichzeitig das Ziel verfolgt, einen Use Case für die Darstellung von Human Remains anhand des Konzepts der Objektbiografie zu bearbeiten sowie die digitale Sammlungserschließung an der FAU weiterzuentwickeln. Mit der Objektbiografie als Datenmodell rücken die Ereignisse der „Lebensgeschichte“ eines Objekts sowie die damit verbundenen Akteure, Orte, Zeit und Quellen in den Vordergrund, weshalb das Konzept nicht nur der Erschließung und Integration heterogener und verteilter Daten dient, sondern auch für die Provenienzforschung von besonderer Bedeutung ist.

Auf dem Workshop zu Präparaten menschlicher Herkunft in universitären Sammlungen im Medizinhistorischen Museum der Charité am 10.-11. März 2025 stellten die beiden Forscherinnen ihre gewonnen Ergebnisse und offenen Fragen vor. Dabei war es ein Anliegen, die Person hinter dem Präparat besonders zu berücksichtigen: Marie Frank, eine Nürnberger Fabrikarbeiterin, die aufgrund der damaligen mangelhaften hygienischen Bedingungen im Alter von 31 Jahren an den Folgen der jahrelangen Inhalation von Eisenoxyd verstarb.

Ob es sich bei dem Präparat, das heute unter PS 091/09 um das Lungenstück handelte, anhand dessen Zenker die Erstbeschreibung der „Siderosis pulmonum“ vornahm, wird derzeit noch untersucht. Lücken in der Sammlungsdokumentation lassen eine eindeutige Beantwortung dieser Frage nicht zu. Antworten könnten noch ausstehende chemische Untersuchungen oder Beprobungen eines weiteren Präparats liefern, das am Medizinhistorischen Museum als „Originalpräparat von Zenker 1864“ beschriftet ist.